BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 110/06
vom
22. Oktober 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1408 Abs. 2; FGG § 53 d
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Haben die Parteien den Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen, so hindert § 53 d FGG das Familiengericht nicht, durch eine feststellende Entscheidung auszusprechen, dass eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Diese Feststellung ist, weil auf einer – die Wirksamkeit der Vereinbarung umfassenden – Rechtsprüfung beruhend, mit der befristeten Beschwerde anfechtbar; sie erwächst ggf. in Rechtskraft (Abgrenzung zu den Senatsbeschlüssen vom 20. Februar 1991 – XII ZB 125/88 – FamRZ 1991, 679, 680 und vom 6. März 1991 – XII ZB 88/90 – FamRZ 1991, 681 f.).
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2008 – XII ZB 110/06 – OLG Schleswig, AG Mölln
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 12. Mai 2006 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Mölln vom 13. Dezember 2005 wie folgt abgeändert:
Der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Beschwerdewert: 2.000 €
Gründe:
I.
1
Die Parteien streiten um den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich.
2
Die Parteien schlossen am 24. August 1985 die Ehe. Am 17. August 1996 schlossen sie einen notariellen Ehevertrag, in dem sie für den Scheidungsfall den Zugewinn- und den Versorgungsausgleich ausschlossen. Für den Fall des Getrenntlebens und der Scheidung verzichtete der Ehemann auf Unterhalt; der Unterhaltsanspruch der Ehefrau wurde auf die Dauer von fünf Jahren ab Trennung sowie auf einen Betrag von höchstens 3.000 DM monatlich (mit Wertsicherungsklausel) begrenzt. Nach einer notariellen „Ergänzung“ dieses Ehevertrags vom 15. April 1999 vereinbarten die Parteien, dass die Abrede über den Unterhaltsanspruch der Ehefrau fortfalle und der Ehemann sich stattdessen verpflichte, sämtliche gemeinsamen Verbindlichkeiten der Eheleute im Falle der Trennung zu bedienen.
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Die Ehe, die kinderlos blieb, wurde auf den am 5. April 2000 zugestellten Antrag durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 22. September 2000 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 26. Mai 2001). Im Tenor heißt es weiter: „Der Versorgungsausgleich findet nicht statt“. In den Entscheidungsgründen wird hierzu ausgeführt: „Es ist kein Versorgungssausgleich durchzuführen. Die Parteien haben gemäß § 1408 BGB wirksam auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet“. Die gegen den Ausspruch zum Versorgungsaugleich gerichtete Beschwerde der Ehefrau wurde vom Oberlandesgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2002 als unzulässig verworfen, da dieser Ausspruch nicht in Rechtskraft erwachse und deshalb einem Antrag der Ehefrau auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegenstehe.
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Auf den im März 2004 von der Ehefrau gestellten Antrag, den Versorgungsausgleich durchzuführen, hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Versorgungsausgleich dem Grunde nach durchzuführen sei. Zugleich hat es das Verfahren über den Versorgungsausgleich wegen einzubeziehender angleichungsdynamischer Anrechte ausgesetzt. Die gegen die Feststellung des Amtsgerichts über die Durchführung des Versorgungsausgleichs gerichtete Beschwerde des Ehemannes hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
5
Das Rechtsmittel ist begründet.
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1. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde für zulässig erachtet, da die Entscheidung des Amtsgerichts einem Grundurteil vergleichbar und deshalb wie eine Endentscheidung über den Versorgungsausgleich anfechtbar sei. Die Beschwerde sei aber unbegründet, da der Vereinbarung der Parteien über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei der gebotenen Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB die rechtliche Anerkennung zu versagen sei.
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2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
a) Das Oberlandesgericht ist allerdings zu Recht von der Zulässigkeit der befristeten Beschwerde ausgegangen. Zwar handelt es sich bei dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts nur um eine Zwischenentscheidung. Sie entspricht jedoch einem Grundurteil im Streitverfahren und ist wie dieses mit den Rechtsmitteln angreifbar, die auch gegen die Endentscheidung gegeben sind (vgl. etwa Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 621 e Rdn. 11). Das ist hier die befristete Beschwerde nach § 621 e Abs. 1 ZPO.
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b) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht die Beschwerde indes für unbegründet erachtet. Dabei kann dahinstehen, ob sich, wie das Oberlandesgericht meint, der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei einer materiell-rechtlichen Überprüfung – unter Zugrundelegung der erst nach dem Scheidungsverfahren geänderten Rechtsprechung des Senats – als sittenwidrig erweist. Denn eine solche materiell-rechtliche Überprüfung ist durch das vorangegangene Scheidungsverbundverfahren ausgeschlossen. Das Amtsgericht hat im Verbundurteil festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Dieser Ausspruch ist – entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts, das die Beschwerde gegen diese Feststellung im vorangegangenen Versorgungsausgleichsverfahren als unzulässig verworfen hat – in Rechtskraft erwachsen.
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Das ergibt sich aus dem Umstand, dass das Amtsgericht im Verbundverfahren – ausweislich der Entscheidungsgründe – das Vorliegen einer Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs geprüft und seine Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde, hierauf gestützt hat. Dass weder das Amtsgericht noch die Parteien – auch vor dem Hintergrund der damals bestehenden höchstrichterlichen Rechtssprechung – ernste Zweifel an der Wirksamkeit dieses Vergleichs hatten, ändert nichts daran, dass das Amtsgericht diese Feststellung aufgrund einer – naturgemäß auch die Wirksamkeit der Abrede einschließenden – materiell-rechtlichen Prüfung getroffen hat, seine Feststellung begründet hat und dieser Feststellung schon deshalb nicht nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Der vom Oberlandesgericht im vorausgehenden Versorgungsausgleichsverfahren betonte Umstand, dass die Ehefrau im Verbundverfahren keinen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt habe, hindert – angesichts des den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich beherrschenden Amtsprinzips – das Vorliegen einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich ebenso wenig wie die Erwägung des Oberlandesgerichts, die „Tatsache eines wirksamen Ausschlusses“ sei vor dem Familiengericht „nicht streitig“ gewesen, so dass es einer feststellenden Entscheidung hierzu nicht bedurft habe. Auch die vom Oberlandesgericht angeführte Regelung in § 53 d FGG steht dem Feststellungscharakter des amtsgerichtlichen Ausspruchs nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift findet eine Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht statt, wenn die Parteien den Versorgungsausgleich wirksam ausgeschlossen haben. Das Familiengericht ist allerdings nicht gehindert, dies durch eine feststellende Entscheidung auszusprechen, die dann – weil auf einer Rechtsprüfung beruhend – mit der befristeten Beschwerde anfechtbar ist (vgl. auch Keidel/Weber FGG 15. Aufl. § 53 d FGG Rdn. 7).
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Aus den Senatsentscheidungen vom 20. Februar 1991 (- XII ZB 125/88 – FamRZ 1991, 679, 680) und vom 6. März 1991 (- XII ZB 88/90 – FamRZ 1991, 681 f.) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Beide Entscheidungen betreffen Fälle, in denen die Parteien im Verbundverfahren durch eine zu Protokoll genommene Vereinbarung bzw. durch einen gerichtlichen Vergleich den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hatten, das Familiengericht diese Vereinbarung genehmigt hatte und sich die genehmigte Vereinbarung später als unwirksam erwies. In solchen Fällen mag die Annahme naheliegen, dass das Versorgungsausgleichsverfahren mit dem Wirksamwerden der Genehmigung abgeschlossen ist, die gerichtlich protokollierte Vereinbarung das Verfahren also unmittelbar beendet (vgl. etwa Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 53 d Rdn. 5), so dass für eine weitere Sachentscheidung kein Raum ist und eine gleichwohl erfolgte Feststellung im Verbundurteil, ein Versorgungsausgleich finde nicht statt, deshalb nur deklaratorische Bedeutung haben könnte.
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So liegen die Dinge hier aber nicht. Mit der Feststellung, dass infolge einer früher getroffenen Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde, geht – anders als in den vorgenannten Fällen, in denen die Wirksamkeitsprüfung bereits Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens ist – notwendig die Prüfung einher, ob diese Vereinbarung wirksam ist und die Durchführung des Versorgungsausgleichs ganz oder teilweise ausschließt. Mündet diese Prüfung in einen feststellenden Beschluss, so ist dieser nach § 621 e ZPO anfechtbar und erwächst ggf. in Rechtskraft. Auf die im Verfahren geäußerten Auffassungen der Parteien über die Wirksamkeit ihrer Abrede oder die Intensität der gerichtlichen Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle kommt es dabei nicht an.
13
Der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts war deshalb aufzuheben und der Beschluss des Amtsgerichts dahin abzuändern, dass der Antrag der Ehefrau auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zurückgewiesen wird.
Hahne Wagenitz Fuchs
Vézina Dose
Vorinstanzen: AG Mölln, Entscheidung vom 13.12.2005 – 1 F 28/05 – OLG Schleswig, Entscheidung vom 12.05.2006 – 10 UF 243/05 –Zu dem Thema passende Informationen finden Sie auch in den Kategorien Allgemein | BGH | Familienrecht | kein Beitrag | Versorgungsausgleich