Die Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten gegen den anderen erfolgt in der Regel nach einer Quotenberechnung entsprechend der unterhaltsrechtlichen Leitlinien. Dieser Berechnung liegt die Annahme zu Grunde, daß das erzielte Einkommen für den Unterhaltsbedarf verwendet wird. Bei einem niedrigen Einkommen ist das naheliegend, bei sehr hohem Einkommen aber nicht mehr. Deshalb besteht Einigkeit in der Rechtsprechung, daß bei sehr hohem Einkommen eine konkrete Bedarfsberechnung zu erfolgen hat.
1. sehr hohes Einkommen
Die erste Frage ist also, was ein sehr hohes Einkommen in diesem Sinne ist.
Die Süddeutschen Leitlinien (OLG Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken, Stand 01.01.2012 ) formulieren als Empfehlung unter Nr 15.3
„15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.“
Es wird dort alleine auf den Pflichtigen abgestellt, was unter sehr guten Einkommensverhältnissen zu verstehen ist, bleibt jedoch offen.
Die Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle (OLG Düsseldorf) enthalten keine Angaben zu der Problematik.
Sowohl das Oberlandesgericht Hamm als auch das Oberlandesgericht Oldenburg ziehen eine konkrete Bedarfsbemessung bei einem gemeinsamen Nettoeinkommen der Eheleute über der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle von 4.800,00 Euro in Betracht. Das Oberlandesgericht Frankfurt geht davon aus, dass bei einem Unterhaltsbedarf (also dass, was an Unterhalt gezahlt wird) für Kleidung, Nahrung und Wohnen von über 2.000,00 Euro eine konkrete Bedarfsermittlung durchzuführen ist. Nach dem Thüringer Oberlandesgericht ist diese konkrete Bedarfsermittlung bereits bei einem Unterhaltsbedarf für Kleidung, Wohnen und Nahrung von über 1.840,00 Euro durchzuführen.
Bereits 1996 hat das OLG Frankfurt/M. in seinem Urteil vom 13.08.1996 – Az.: 3 UF 8/96 – ausgeführt:
- Bei überdurchschnittlich hohen Einkommen (Nettoverdienst über 8000 DM monatlich) ist bei Berechnung des Trennungsunterhalts der konkrete Bedarf des Unterhaltsberechtigten festzustellen.
- Ist eine Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse aufgrund einer Feststellung, welcher Teil des Gesamteinkommens verlebt wurde und welcher Teil der Re-Investition oder Vermögensbildung diente, nicht möglich, muss konkret festgestellt werden, wie sich die ehelichen Lebensverhältnisse gestaltet haben.
- Werden weit überdurchschnittliche luxuriöse Lebensverhältnisse der Parteien festgestellt, so hat der Unterhaltsberechtigte Anspruch auf weitere Teilhabe an dem in der Ehe geübten Lebensstandard. Hierbei müssen nicht Bedürfnisse bezahlt werden, die sich aus der Sicht eines objektiven dritten Betrachters als zu luxuriös darstellen. Objektiviert soll der Lebenszuschnitt maßgebend sein, den entsprechend situierte Ehegatten im Regelfall wählen.
Nunmehr formuliert das Oberlandesgericht Frankfurt in seinen Leitlinien (Stand 01.01.2011) unter Ziffer 15.3:
Ein eheangemessener Unterhaltsbedarf (Elementarunterhalt) kann bis zu einem Betrag von 2.500 € als Quotenunterhalt geltend gemacht werden. Ein darüber hinausgehender Bedarf muss konkret dargelegt werden. Die konkrete Darlegung kann auch dadurch geschehen, dass die Höhe des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens sowie die hiervon betriebenen Aufwendungen zur Vermögensbildung dargelegt werden. Eigenes Einkommen des bedürftigen Ehegatten – Erwerbseinkommen nach Abzug des Erwerbstätigenbonus – ist hierauf anzurechnen.
Damit wird nicht auf das Einkommen des Verpflichteten abgestellt, sondern auf den Bedarf, auf diesen wird dann das Eigeneinkommen angerechnet.
Das OLG Frankfurt verweist in seinen Anmerkungen der Leitlinien u.a. zutreffend auf BGH – Urteil vom 11.08.2010 – XII ZR 102/09, dieser führt in der Entscheidung in seinen Leitsätzen aus:
„b ) Die Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs nach einer Quote des vorhandenen Einkommens beruht auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt, ist ein höherer Bedarf konkret zu begründen.“
Der BGH hat in dieser Entscheidung unter Rn 28 insbesondere ausgeführt:
„Wenn das Berufungsgericht eine solche konkrete Bemessung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs verlangt, sofern dieser den Bedarf auf der Grundlage des Einkommens nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle übersteigt, lässt dies keine Rechtsfehler erkennen. Zwar wird eine absolute Sättigungsgrenze für den nachehelichen Unterhalt durchweg abgelehnt. Das Einkommen von gegenwärtig 5.100 € bildet aber nur die Höchstgrenze des vom Einkommen des besser verdienenden Ehegatten abgeleiteten Quotenunterhalts (vgl. auch Wendl/Gerhardt aaO § 4 Rdn. 368a; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 42 f.). Die konkrete Darlegung eines höheren Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist dadurch nicht ausgeschlossen.“
Damit kann eine konkrete Bedarfsberechnung nach der Rechtsprechung des BGH dann verlangt werden, wenn der geforderte Bedarf höher liegt, als sich der Bedarf auf Grundlage des Einkommens nach der höchsten Einkommensstufe errechnen würde. 2012 endet die höchste Einkommensstufe mit einem Betrag von EUR 5.100,00, bei Einkommen des besser verdienenden Ehegatten über diesem Betrag ist eine konkrete Bedarfsberechnung auf Seiten des Berechtigten vorzunehmen.
Es kann also grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß ab einem Einkommen des Unterhaltspflichtigen von mehr als EUR 5.100,00 pro Monat netto der Ehegatte jedenfalls dann einen konkreten Unterhaltsbedarf vorzutragen und erforderlichenfalls auch zu beweisen hat, wenn er einen Bedarf geltend machen will, der höher liegen soll als der Quotenunterhalt, der sich bei einem Einkommen des Unterhaltspflichtigen von EUR 5.100,00 ergäbe.
2. konkreter Bedarf
Der konkrete Bedarf beinhaltet im wesentlichen folgende Positionen:
- Wohnkosten
- Haushalt
- Kleidung
- Körperpflege
- Kultur
- Sport/Fitness
- Telefon
- Restaurant
- PKW
- Urlaub
- sonstige allgemeine Lebenshaltungskosten
3. Auskunftsanspruch
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, daß in den Fällen einer konkreten Bedarfsberechnung dann ein Auskunftsanspruch entfällt, wenn der Unterhaltspflichtige erklärt, dass er für den konkreten Bedarf leistungsfähig ist (vgl. z.B. Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 12.01.2010 (4 UF 93/09).
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