Scheidung und Anwaltszwang – Scheidungsverfahren mit oder ohne Anwalt?

Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, d.h., für das Scheidungsverfahren besteht nach § 114 FamFG Anwaltszwang.

Das bedeutet, daß grundsätzlich beide Ehegatten in einem Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten sein müssen.

In folgenden Fällen hat der Gesetzgeber aber in § 114 FamFG Ausnahmen zugelassen, d.h., man benötigt keinen Rechtsanwalt

  • für die Zustimmung zur Scheidung
  • für die Rücknahme des Scheidungsantrages
  • für den Widerruf der Zustimmung des Scheidungsantrages
  • für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes
  • für die Erklärungen zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes.

Daraus folgt:

Der Ehegatte, der die Scheidung einreichen möchte, muß den dafür erforderlichen Antrag durch einen Rechtsanwalt einreichen lassen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um eine einvernehmliche Scheidung oder streitige Scheidung handelt.

Wollen beide Ehegatten die Scheidung, braucht dennoch nur ein Ehegatte die Scheidung einreichen zu lassen, der andere Ehegatte, in dem Verfahren als Antragsgegner bezeichnet, kann dann dem Antrag zustimmen. Für die Zustimmung braucht der Antragsgegner keinen Rechtsanwalt. Die gerichtlichen Hinweise sind insoweit oft falsch.

Häufig wird bei einer einvernehmlichen Scheidung lediglich der Antragsteller bzw. die Antragstellerin von einem Rechtsanwalt vertreten.

Werden jedoch vor Gericht nach dem Antrag auf Scheidung noch andere Anträge durch den Antragsteller gestellt, wie z.B. zum Unterhalt, Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, zur Ehewohnung oder zum Hausrat, benötigt auch der andere Ehegatte einen Anwalt. Das gilt natürlich auch dann, wenn der andere Ehegatte diese weiteren Anträge stellen will. Auch wenn die Ehegatten einen Vergleich bei Gericht protokollieren lassen wollen (wie z.B. über den Verzicht zum Versorgungsausgleich), müssen beide je durch einen Anwalt vertreten sein.

Im Ergebnis muß also der Antragsteller anwaltlich vertreten sein, der Antragsgegner braucht dagegen unter Umständen keinen Anwalt und kann sich dessen Kosten somit sparen. Ohne wenigstens einen Anwalt gibt es aber nach wie vor keine Scheidung.

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