Kann eine Abänderung für Unterhalt nach der Scheidung auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.01.2011 verlangt werden?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 25. Januar 2011, Az 1 BvR 918/10 die aktuelle Rechtsprechung des BGH im Familienrecht zur Berechnung des Anspruches auf Unterhalt nach der Scheidung und Wiederheirat des Unterhaltspflichtigen für verfassungswidrig erklärt. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung zum nachehelichen Unterhalt mit Urteil vom 30. Juli 2008 (BGHZ 177, 356) erstmals eine Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehepartner in die Bemessung des Bedarfs des vorangegangenen, geschiedenen Ehegatten bei dem ihm zustehenden Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung einbezogen.

Damit stellt sich in erster Linie die Frage, ob Urteile, welche die Rechtsprechung des BGH übernommen haben und vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht rechtskräftig geworden sind, wieder abgeändert werden können. Die Frage der Abänderung stellt sich gleichermaßen für Unterhaltsvergleiche, die den Unterhalt nach der Scheidung in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH, also unter Anwendung der Dreiteilungsmethode, ermittelt und dem Vergleich zu Grunde gelegt haben.

Für Prozeßvergleiche über Dauerschuldverhältnisse hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden, daß die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen kann, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Grundlage der Beurteilung in diesen Fällen ist, daß beim Abschluß einer Vereinbarung ein beiderseitiger Irrtum über die Rechtslage das Fehlen der Geschäftsgrundlage bedeuten kann, wenn die Vereinbarung ohne diesen Rechtsirrtum nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen worden wäre. Gleiches gilt, wenn der Geschäftswille der Parteien auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage aufgebaut war (vergleiche z.B. BGH 25.11.2009, Az.: XII ZR 8/08). Ein Vergleich über den Unterhalt nach Scheidung ist damit grundsätzlich auf Grund der geänderten Rechtslage abänderbar.

Die gesetzliche Grundlage für die Abänderung von einem Vergleich über Unterhalt findet sich in § 239 FamFG nF .

Die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Unterhalt hängt davon ab, ob eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Sowohl eine Gesetzesänderung als auch eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung berechtigen zur Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung über Unterhalt.

Die gesetzliche Grundlage für die Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung über Unterhalt findet sich in § 238 I 2 FamFG.

Da die geschiedene Ehefrau bei Wiederheirat des geschiedenen Ehegatten beim nachehelichen Unterhalt durch die Rechtsprechung des BGH in der Regel benachteiligt worden war, ist insbesondere auch die Möglichkeit interessant, nach § 238 III 2 FamFG eine Erhöhung des Unterhalts auch für die Zeit vor Rechtshängigkeit (also rückwirkend) verlangen zu können.

Von der aktuellen Änderung der Rechtslage betroffen sind Geschiedene, deren geschiedener Ehegatte neu geheiratet hat (Wiederheirat) und denen deshalb ihr Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wegen der neuen Ehefrau runtergerechnet wurde.

Betroffenen ist zu empfehlen, die Möglichkeiten einer Abänderung des Anspruches auf Zahlung von Unterhalt nach der Scheidung prüfen zu lassen, wobei im Rahmen dieser Prüfung auch beachtet werden sollte, ob andere bei einer Berechnung des Anspruches auf Unterhalt zu berücksichtigende Parameter sich nicht ebenfalls geändert haben.

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