Gibt es eine günstige, preiswerte, billige oder noch billigere Scheidung?

Im Internet wird inzwischen massiv z.B. mit „billige Scheidung“, „Scheidung billiger“, „Günstig wie noch nie!“, „Scheidung preiswert“ oder „Scheidung supergünstig“ geworben, aber ist da auch was dran?

Die Frage läßt sich beantworten, indem man sich die Faktoren anschaut, von denen die Kosten eines Scheidungsverfahrens abhängen. Es wird deshalb auf die einzelnen Kostenfaktoren eingegangen.

Ist für eine Scheidung ein Anwalt in München billiger oder teurer als ein anderer Rechtsanwalt?

Das Honorar des Rechtsanwaltes ist gesetzlich geregelt und ist unter anderem abhängig von dem Streitwert. Der Streitwert wird vom Gericht festgelegt. Diese gesetzlichen Gebühren für das Scheidungsverfahren darf der Rechtsanwalt nicht unterschreiten. Beim Anwaltshonorar kann man also gegenüber den gesetzlichen Gebühren nichts einsparen. Somit ist für eine Scheidung ein Anwalt in München nicht teurer, als ein Anwalt aus einer anderen Stadt, wenn das gesetzlich geregelte Honorar abgerechnet wird und Reisekosten in eine andere Stadt nicht anfallen. Es gibt aber Rechtsanwälte, die nicht bereit sind, alleine zu den gesetzlichen Gebühren zu arbeiten. Für mich gilt das z.B. bei Sorgerechtsstreitigkeiten, weil der Aufwand bei solchen Angelegenheiten in der Regel nicht durch die gesetzlichen Gebühren ausreichend vergütet ist.

Will ein Anwalt von den gesetzlichen Gebühren für ein gerichtliches Verfahren über eine Scheidung abweichen, benötigt er eine Honorarvereinbarung mit Ihnen. Bietet Ihnen also ein Rechtsanwalt eine Honorarvereinbarung im Rahmen einer Tätigkeit für ein gerichtliches Verfahren über eine Scheidung an, können Sie davon ausgehen, daß dieser Anwalt mehr an Honorar verlangt, als ein Anwalt, der zu den gesetzlichen Gebühren abrechnet. So isoliert betrachtet ist der Anwalt, welcher ohne Honorarvereinbarung arbeitet, billiger und damit auch die Scheidung billiger. Bei dem anderen Anwalt, welcher mit Ihnen eine Honorarvereinbarung abschließt, wird die Scheidung hinsichtlich der Anwaltskosten teurer sein.

Teurer kann Ihnen aber ein Anwalt kommen, der jeden noch so denkbar geringen Anspruch gerichtlich klären lassen will.

Gibt es für eine Scheidung billigere und teurere Gerichte?

Die Gerichtskosten sind ebenfalls gesetzlich geregelt und vom Streitwert abhängig. Es gibt deshalb bei deutschen Gerichten für eine Scheidung grundsätzlich keinen Unterschied hinsichtlich der anfallenden Gerichtskosten. Das stimmt so allerdings nicht ganz, denn das Gericht legt auch den Streitwert fest, dabei gibt es jedoch eine unterschiedliche Handhabung, ob bzw. in welcher Höhe ein etwaiges vorhandenes Vermögen für die Festsetzung des Streitwertes bei einem Scheidungsverfahren berücksichtigt wird. Da die örtliche Zuständigkeit und auch die Zuständigkeit des Richters wiederum gesetzlich geregelt ist, gibt es für die einzelne Partei in der Regel keine Wahlmöglichkeit hinsichtlich des anzurufenden Gerichts.

Was macht also eine Scheidung billiger oder teurer?

Neben dem genannten Streitwert ist ein wesentlicher – und für die Parteien beeinflußbarer – Faktor, ob mit der Scheidung auch damit in Zusammenhang stehende Ansprüche außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht werden, wie z.B. Ansprüche auf Unterhalt oder Zugewinn, oder ob eine einvernehmliche Scheidung durchgeführt wird, bei der bereits vor Tätigkeit des Rechtsanwaltes Einigkeit über etwaige Ansprüche besteht.

Werden weitere Anprüche geltend gemacht, ergeben sich bei isolierten Verfahren zusätzliche Kosten, bei verbundenen Verfahren erhöht sich der Streitwert und die Kosten steigen ebenfalls. Der Entwurf einer Scheidungsvereinbarung durch einen Rechtsanwalt und/oder deren Protokollierung bei Gericht verursacht ebenfalls zusätzliche Kosten.

Die einvernehmliche Scheidung ist die günstigste Scheidung!

Eine Scheidung wird also grundsätzlich billiger, je mehr sich die Parteien über etwaige Ansprüche (z.B. Unterhalt, Hausrat, Zugewinn) einig sind und deswegen oder unabhängig davon auf eine Auseinandersetzung und auf durch einen Anwalt erarbeitete Regelungen verzichten, und zwar bereits, bevor ein Anwalt von einer Seite beauftragt wurde. Bei einer einvernehmlichen Scheidung ist es ausreichend, wenn nur eine Partei (der Antragsteller) anwaltlich vertreten ist.

Die Kosten für das Scheidungsverfahren sollten nicht alleine ausschlaggebend sein!

Neben den vorgenannten Kosten für ein Scheidungsverfahren sollte man folgende Aspekte nicht aus den Augen verlieren:

  1. Eine einvernehmliche Scheidung kann auch zu Lasten eines Ehegatten (idR des nicht anwaltlich vertretenen Ehegatten) gehen, für diesen könnte die Scheidung damit sogar teurer kommen, als eine Scheidung, bei der er selbst anwaltlich vertreten wird und seine Ansprüche prüfen läßt. Lesen Sie auch in dem verlinkten Artikel, welche Fallkonstellationen (beispielhaft) für eine Scheidung mit nur einem Anwalt in Betracht kommen.
  2. Es ist nicht auszuschließen, daß Ihnen ein Rechtsanwalt zusagt, zu weniger als den gesetzlichen Gebühren abzurechnen. Das klingt nach einer noch günstigeren oder billigeren Scheidung, allerdings sollte man sich überlegen, wieso dieser Rechtsanwalt bereits ist, selbst gegen das Gesetz zu verstoßen und auf ihm zustehendes Honorar zu verzichten, um ein Mandat zu übernehmen. Das gilt erst recht, wenn es sich um einen Anwalt handelt, der nicht auf Familienrecht spezialisiert ist.
  3. Bei komplizierten Konstellationen, Sorgerechtsstreitigkeiten oder erheblichen tatsächlichen oder behaupteten Ansprüchen auf einer Seite ist es sinnvoller, einen Anwalt auszuwählen, zu dem und dessen Leistungen Sie Vertrauen haben, statt bei der Auswahl alleine auf die Honorarfrage zu achten. Ein späterer Anwaltswechsel während des Scheidungsverfahrens erhöht in der Regel die eigenen Kosten des Scheidungsverfahrens erheblich.
----------------
Zu dem Thema passende Informationen finden Sie auch in den Kategorien Familienrecht | Scheidung | TOP