Neue Anforderungen an die Auswahl eines geeigneten Sachverständigen in Kindschaftssachen

Zur Begründung der seit dem 15.10.2016 in Kraft getretenen Neuregelung findet sich im Gesetzentwurf folgende Formulierung:

„In jüngerer Zeit wird von Bürgerinnen und Bürgern sowie der öffentlichen Berichterstattung zunehmend die Unabhängigkeit und Neutralität gerichtlich bestellter Sachverständiger in Einzelfällen in Frage gestellt. Zudem wird beanstandet, dass gerichtliche Gutachten teilweise nicht die erforderliche Qualität aufwiesen. Dies sei bisweilen – etwa bei medizinischen Gutachten – auch auf eine fehlerhafte Auswahl der Sachverständigen durch die Gerichte zurückzuführen. Die Regierungskoalition hat sich deshalb im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode die Gewährleistung der Neutralität gerichtlich beigezogener Sachverständiger sowie die Verbesserung der Qualität von Gutachten zum Ziel gesetzt. Durch größere Transparenz im gerichtlichen Auswahlverfahren sollen das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Neutralität der Sachverständigen erhöht werden und sichergestellt werden, dass die Gerichte qualifizierte Sachverständige ernennen.

Die in Fachkreisen und in den Medien verstärkt geäußerte Kritik an mangelhaften Gutachten in familiengerichtlichen – insbesondere in kindschaftsrechtlichen – Verfahren und an der zum Teil unzureichenden Qualifikation der Sachverständigen hat ebenfalls rechtspolitischen Handlungsbedarf ausgelöst.“

Nunmehr ist seit dem 15.10.2016 das am 14.10.2016 im Bundesgesetzblatt verkündete Gesetz vom 11.10.2016 zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes in Kraft getreten.

Dieses enthält unter anderem, wie der Titel des Gesetzes schon sagt, Änderungen im Sachverständigenrecht. Es wurde § 163 FamFG geändert, der Wortlaut wird nachfolgend wiedergegeben. Kindschaftssachen gemäß § 151 Nummer 1 bis 3 FamFG sind Verfahren betreffend

    1. die elterliche Sorge
    2. das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes
    3. die Kindesherausgabe

Die neuen Mindestanforderung für die Sachverständigen sind eine psychologische, psychotherapeutische, psychiatrische oder ärztliche Berufsqualifikation. Pädagogen oder Sozialpädagogen können nur dann berufen werden, wenn sie über eine diagnostische oder analytische Zusatzqualifikation verfügen. Bisher gab es keine förmlichen Anforderungen an die Ausbildung der vom Gericht bestellten Gutachter.

§ 163 Sachverständigengutachten

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 1 bis 3 ist das Gutachten durch einen geeigneten Sachverständigen zu erstatten, der mindestens über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen soll. Verfügt der Sachverständige über eine pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation, ist der Erwerb ausreichender diagnostischer und analytischer Kenntnisse durch eine anerkannte Zusatzqualifikation nachzuweisen.
(2) Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, anordnen, dass der Sachverständige bei der Erstellung des Gutachtens auch auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinwirken soll.

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