BGH – Abschaltvorrichtung Sachmangel (Hier: VW Tiguan 2.0 TDI)

Aus einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 22.2.2019 (Nr. 22 / 2019) ergibt sich, dass der BGH einen Hinweisbeschluss datierend vom 8. Januar 2019 In dem Verfahren  erteilt hat, der in Kürze auf der Homepage des BGH veröffentlicht wird.

(Update: Zwischenzeitlich ist der Beschluss veröffentlicht und hier wiedergegeben)

Laut der Pressemitteilung hat der Senat in dem Beschluss

„die Parteien auf seine vorläufige Rechtsauffassung hingewiesen, dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB), weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte.

Zudem hat der Senat die Parteien auf seine vorläufige Einschätzung hingewiesen, dass die Auffassung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein könnte, die vom Käufer gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB geforderte Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs sei unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), weil der Kläger ein Fahrzeug der ersten Generation der betreffenden Serie (hier: VW Tiguan 2.0 TDI) erworben habe, diese aber nicht mehr hergestellt werde und ein solches Modell auch nicht mehr beschafft werden könne. Denn im Hinblick auf den Inhalt der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht dürfte – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – ein mit einem nachträglichen Modellwechsel einhergehender mehr oder weniger großer Änderungsumfang für die Interessenlage des Verkäufers in der Regel ohne Belang sein. Vielmehr dürfte es – nicht anders als sei das betreffende Modell noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten ankommen. Dies führt jedoch nicht zur Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB; vielmehr kann der Verkäufer eine Ersatzlieferung gegebenenfalls unter den im Einzelfall festzustellenden Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB verweigern, sofern die Ersatzlieferung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

Vorinstanzen: Landgericht Bayreuth – 21 O 34/16 – Entscheidung vom 20. Dezember 2016 | Oberlandesgericht Bamberg – 6 U 5/17 – Entscheidung vom 20. September 2017″

Aus der Pressemitteilung ist auch zu entnehmen, dass ein für den 27. Februar 2019 vorgesehener Verhandlungstermin in dem Verfahren VIII ZR 225 / 17 wegen der Einigung der Parteien aufgehoben wurde.

Es wird also in dem Verfahren zu keiner Entscheidung des Bundesgerichtshof mehr kommen, insoweit kann nicht behauptet werden, der BGH hätte in diesem Sinne wie oben angegeben entschieden. Gemäß der Pressemitteilung handelte es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen VW Tiguan 2.0 TDI, somit um ein Fahrzeug des Herstellers Volkswagen AG.

Unabhängig davon sollte jedoch die vom BGH geäußerte Rechtsauffassung insbesondere mit Hinweis auf derzeit die Pressemitteilung des BGH sowie nach Veröffentlichung des Hinweisbeschlusses durch den BGH die Rechtsprechung maßgeblich zugunsten insbesondere der Verbraucher (und aus nachfolgenden Gründen auch Leasingnehmer) beeinflussen.

Gegenstand des Verfahrens waren Gewährleistungsrechte beim Autokauf. Aus der Pressemitteilung ergibt sich nicht, ob hier eine Nachbesserung bei dem Fahrzeug von vornherein abgelehnt worden war oder das Aufspielen einer neuen Steuerungssoftware angeboten aber vom Käufer nicht angenommen worden war oder sogar durchgeführt worden war und trotzdem ein Mangel bejaht wurde. Aus dem Hinweisbeschluss dürften sich weitere Einzelheiten ergeben, das bleibt aber abzuwarten.

Da üblich ist, dass Fahrzeuge heutzutage entweder über Darlehen finanziert werden oder über Leasing, ist auf eine Besonderheit im Leasingrecht hinzuweisen.

Üblicherweise haben die Leasinggesellschaften in den von ihnen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Regelung, mit der Gewährleistungsrechte gegenüber der Leasinggesellschaft ausgeschlossen sind. Dafür werden aber die Gewährleistungsrechte, die die Leasinggesellschaft gegen den Lieferanten hat, an den Leasingnehmer abgetreten und dieser ermächtigt, diese Rechte auch durchzusetzen.

Damit obliegt grundsätzlich dem Leasingnehmer, etwaige sich ergebende Mängelgewährleistungsrechte wegen einer unzulässigen Abschaltvorrichtung selbst gegenüber dem Lieferanten auf eigenes Risiko geltend zu machen und erforderlichenfalls auch gerichtlich durchzusetzen.

Regelmäßig ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch vereinbart, dass die Zahlung der Leasingraten nicht bereits bei einem Mangel des Fahrzeuges dazu berechtigt, die Leasingraten zu reduzieren oder die Zahlung von Leasingraten einzustellen, sondern hierfür ist die Anerkennung des Mangels durch den Lieferanten erforderlich bzw. die rechtskräftige Feststellung.

Daraus ergibt sich, dass der Leasingnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hat, Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, die insbesondere eine Nachbesserung oder für den Fall einer Ablehnung die Rückabwicklung des zugrunde liegenden Kaufvertrages beinhalten können und damit auch die Rückabwicklung des Leasingvertrages bedeuten kann.

Gemäß der oben zitierten Pressemitteilung hat der Bundesgerichtshof in den Raum gestellt, dass ein Anspruch auf Nachlieferung eines mangelfreien Autors bestehen könnte, selbst dann, wenn das ursprünglich gelieferte Modell nicht mehr hergestellt werde und ein Modellwechsel erfolgt sei.

Denkbar wäre somit auch, dass im Rahmen eines Leasingvertrages ein mangelhaftes Fahrzeug zurückgegeben wird und ein mangelfreies neues Fahrzeug vom Hersteller/Lieferanten zu liefern ist.

Ähnliche Konstellation geben sich selbstverständlich auch im Fall der Finanzierung eines Fahrzeuges über einen Darlehensvertrag.

Der Unterschied zum Leasingvertrag ist hier allerdings in der Regel, dass der Darlehensnehmer auch Eigentümer des Fahrzeuges wird und deshalb auch die Gewährleistungsrechte ohne eine solche Konstruktion, wie in dem Leasingvertrag, in eigenen Namen geltend machen kann.

Hier ist in der Regel lediglich darauf zu achten, dass das Fahrzeug möglicherweise im Rahmen des Darlehensvertrages an den Darlehensgeber zur Sicherheit abgetreten worden ist. Tatsächlich sind aber auch in einer solchen Konstellation grundsätzlich die Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Darlehensvertrag zugrunde liegen, zu prüfen.

 

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