Abmahnwelle: Abmahnung wegen angeblichem Streaming von redtube.com durch U+C Rechtsanwälte

Die Kanzlei U+C mahnt laut diversen Meldungen im Internet im Auftrag der schweizer „The Archive AG“ vermutlich mehrere 1000 Nutzer ab. Die Abmahnungen kommen per Post.

(update 10.12.2013: Nunmehr sind auch Abmahnungen per email aufgetaucht. Dem aufmerksamen Betrachter kommen dabei zwar sofort Zweifel, ob diese von der Kanzlei U+C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sind, aber inzwischen weist sogar die Kanzlei selbst daraufhin, daß sie Abmahnungen ausschließlich per Post versendet. Diese Abmahnugen per email können also als Abmahnung ignoriert werden, trotzdem sollte mit ihnen vorsichtig umgegangen werden, weil diese möglicherweise Schadsoftware – insbesondere im Anhang – enthalten.)

Das besondere an dieser Abmahnung ist der Gegenstand der Abmahnung, nämlich das angebliche Streamen einzelner Videos über redtube.com bei angeblichem Verstoss gegen die Rechte der Abmahner. Es ist also entgegen anderer Abmahnungen nicht behauptet worden, urheberrechtlich geschützte Werke illegal angeboten, also zur Verfügung gestellt zu haben, insbesondere durch einen sogenannten upload. Vielmehr wird behauptet, daß eine Technik, die gedacht ist, das Ansehen von Videos ohne deren vorherigen download zu ermöglichen, als das Anfertigen einer illegalen Kopie darstellt. Diese Technik wird in der Regel nicht bewußt vom user durch Verwendung einer dafür speziellen Software angewendet, sondern üblicherweise in einem aktuellen Browser bereits zumindest durch ein addon oder plugin mehr oder weniger integriert und wird insbesondere auch bei Nachrichtenseiten verwendet. Dabei gibt es im wesentlichen zwei Möglichkeiten des Streamens, einmal ohne buffering oder eben durch Verwendung eines Puffers. Der Puffer speicherst aber normalerweise auch nur Teile des Videos und wird üblicherweise auch wieder gelöscht, weshalb starke Zweifel bestehen, ob überhaupt von einer Kopie eines urheberrechtlich geschützten Werkes gesprochen werden kann. Soweit ersichtlich begibt sich U+C diesbezüglich auf ein juristisch noch völlig offenes Terrain.

update 15.12.2013: Für die abmahnende Kanzlei hat Rechtsanwalt Urmann angeblich von einem „Progressiven Download“ gesprochen, der zu lokalen Kopien auf den Rechnern der Betroffenen führe. Ohne jetzt auf die Details dazu eingehen zu wollen, scheint mir diese Sicht der Dinge äußerst verkürzt. Denn das „Streamen“ bedeutet tatsächlich ein Zwischenspeichern von Sequenzen, aber eben auch wieder das Löschen. Wie gesagt ist das aber eine anerkannte und legale Übertragungstechnik, die gerade nicht als „Download“ konzipiert ist. Im Ergebnis werte ich das Auftreten der Rechtsanwälte als eine Strategie der Verunsicherung, gepaart mit einem sensiblen Thema und damit dem Ziel, Scham auszunutzen, um sich zu bereichern. Da auch ein Rechtsanwalt nicht blind alles glauben darf, was ihm sein Mandant sagt, halte ich es sogar für möglich, diesen Vorwurf der versuchten Bereicherung ohne Rechtsgrund auch direkt sowohl gegenüber der Kanzlei erheben zu können und als auch gegenüber dem Auftraggeber.

Unabhängig davon wirft die Abmahnung noch andere Fragen auf.

Einerseits soll es sich um Titel handeln, die auf redtube.com angeboten worden sein sollen. Es gibt aber zahlreiche Meldungen im Internet, wonach die Auswertung der Verlaufsprotokolle als Quelle der Titel retdube.com ergeben hat. Wieder andere behaupten im zeitlichen Zusammenhang mit der angeblichen Betrachtung einen Virus oder Malware auf dem Rechner gehabt zu haben.

Bei den Titeln soll es sich um folgende Werke handeln.

  • Amanda’s secrets
  • Dream Trip
  • Hot Stories
  • Glamour Show Girls
  • Miriam’s Adventures

Ob die Archive AG tatsächlich Rechtinhaber ist, erscheint aber fraglich. Nach Recherchen von Betroffenen sollen einerseits Werke mit diesem Namen nicht im Internet zu finden sein. Andererseits sollen nach anderen Recherchen diese Filme unter anderen Namen erschienen sein und die Rechte jedenfalls damals bei einer anderen Firma gelegen haben.

Weiter ist fraglich, wie diese Werke auf redtube.com gelangt sind (so sie denn dort jemals lagen) und ob diese Werke überhaupt einen urheberrechtlichen Schutz genießen.

Derzeit scheinen vor allem Telekomkunden betroffen zu sein, ich habe aber auch schon was von 1+1 Kunden gelesen. update 15.12.2013: Laut der abmahnenden Kanzlei sind tatsächlich noch andere Provider betroffen.

All das sind aber Fragen, die sich mit der Zeit aufklären werden.

Wichtig ist jedoch kurzfristig auf Grund der üblicherweise knapp gesetzten Fristen die Frage, wie man sich als Betroffener verhalten soll:

Nach Sichtung der Informationen neige ich derzeit (ohne Mandat also an dieser Stelle ohne Haftung) vorliegend zu der Empfehlung, keine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, sondern einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Vertretung zu beauftragen. Dieses deshalb, weil offenbar ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen nicht nur eine Abmahnung sondern mehrere Abmahnungen je zu einem der genannten Titel erhält und auch noch völlig unklar ist, wie eine Wiederholung der „Handlung“ vermieden werden kann. Derzeit spricht einiges dafür, daß die Filme über einen link, also indirekt, aufgerufen und sofort gestartet wurden. Bei einer (modifizierten) Unterlassungerklärung verpflichtet man sich vertraglich und für jeden Fall der Wiederholung zu einer (angemessen) Strafzahlung. Für den Fall der Wiederholung liegt sogar die Beweislast beim user, falls er die Handlung nicht zu vertreten hätte (man denke nur an mehrere Personen in einem Haushalt mit einem gemeinsam genutzten Internetzugang).

Warum dann aber einen Anwalt beauftragen? Weil dieser sinnvollerweise Ihre Vertretung anzeigt. U+C sind dann berufsrechtlich gehalten, künftig in der Sache mit dem Anwalt zu kommunizieren. Sie haben erstmal Ihre Ruhe und etwaige Fristen werden von dem Anwalt überwacht. Insbesondere ist davon auszugehen, daß wie bisher U+C nachfassen werden, es also nicht bei einem Schreiben bleiben wird. Auch ist denkbar, daß gerade die, die sich nicht anwaltlich vertreten lassen, als erstes weiter in Anspruch genommen werden und dort der Druck aufgebaut wird. Die Inkassobranche schreibt bis zu siebenmal, hier dürfte es ähnlich laufen.

Das Nichtabgeben einer Unterlassungserklärung kann zu einer einstweiligen Verfügung führen, worauf ich ausdrücklich hinweisen möchte. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren muß der Antragsteller die Umstände, die eine solche Verfügung rechtlich begründen, lediglich darlegen und glaubhaft machen. Eine einstweilige Verfügung ist aber nur eine vorläufige Regelung und kann auch im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens wieder aufgehoben werden. Vorliegend erscheint mir der Erlass einer einstweiligen Verfügung aber relativ unwahrscheinlich. Denn es müßte eine Dringlichkeit und Wiederholungsgefahr bestehen. Wenn die Filme unberechtigterweise durch einen Dritten angeboten wurden, hätte dieser die Filme zu löschen, was der Geschädigte durch eine einstweilge Verfügung erreichen könnte. Spätestens dann wäre aber keine Wiederholungsgefahr mehr gegeben. Die Dringlichkeit erscheint schon im Hinblick des Zeitablaufes fraglich. Käme es zu einer einstweiligen Verfügung, gäbe es aber aus meiner Sicht noch mehr Gründe, daß diese durch das angerufene Gericht wieder aufgehoben wird. Ich würde als Ihr Anwalt deshalb derzeit (Stand 09.12.2013, ebenso Stand 15.12.2013), keine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben.

Im Internet wird ein „Widerspruch“ als probates Mittel diskutiert. Es besteht immer wieder bei Rechtssuchenden die Vorstellung, man müsse einer Behauptung außergerichtlich wiedersprechen. Als Rechtsanwalt läßt man sich davon üblicherweise nicht beirren, erkennt aber denjenigen, der (vorerst) weitere Kosten vermeiden und keinen Anwalt einschalten will, also jemanden, den man eventuell noch bearbeiten und überzeugen kann, daß er bei Zahlung eines bestimmten Betrages noch gut wegkommt. Ich empfehle „Waffengleicheit“.

Was kostet die Rechtsverteidigung durch einen Rechtsanwalt?

Ich biete Ihnen meine außergerichtliche Dienstleistung als Rechtsanwalt zum Pauschalhonorar von netto EUR 150,00 an, zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale von netto 20,00, also netto EUR 170,00 zzgl 19% = pauschal EUR 202,30. Bei mehreren Abmahnungen pro Betroffenen pro weiterer Abmahnung weitere EUR 75,00 netto, also weitere EUR 89,25. Wenn Sie mich zu diesen Konditionen beauftragen wollen, senden Sie mir mit an rarichter (et) mchn (dot) de oder per Fax 089 /489 966 59 das Aufforderungsschreiben zusammen mit der ergänzten und unterzeichneten Vollmacht, die Sie hier downloaden können.  Das Honorar wird mit dem ersten Schreiben an die Gegenseite in Rechnung gestellt. Von telefonischen Anfragen bitte ich wegen der Anzahl der Anfragen abzusehen.

Ich biete Ihnen diese Leistung an, weil ich mir erhoffe, dadurch wenigstens einen unter Ihnen als sportlich motivierten Mandanten zu gewinnen, der bereit ist, das Risiko einer Auseinandersetzung gegen U+C aufzunehmen. Ich habe Erfahrung in Urheber- und Wettbewerbsverfahren, jedoch üblicherweise mit anderem Hintergrund. Die Materie selbst interessiert mich jedoch intensiv schon seit „rotglut“ und GvG, die etwas älteren Kenner wissen, wen und was ich meine. Ich kann deshalb guten Gewissens behaupten, in dem Bereich weit mehr Kenntnisse zu haben, als der durchschnittliche Anwalt.

(Der Artikel ist am 09.12.2013 erschienen und wurde zuletzt am 15.12.2013 aktualisiert.)

 

----------------
Zu dem Thema passende Informationen finden Sie auch in den Kategorien abgemahnt